Der Tor-Browser: Unzensiert im Darknet surfen

Mit dem Tor-Browser unzensiert im Darknet surfen - wir zeigen Ihnen, wie's geht.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Anna Kalinowsky
Inhaltsverzeichnis

Wenn in den Medien vom Darknet die Rede ist, ist die Konnotation meist negativ: Ein Tummelplatz für Kriminelle sei das verborgene Internet, ein Ort für Waffen- und Drogenkäufe, illegale Pornografie und all den anderen Schmutz, der im regulären Internet längst die Behörden beschäftigt. Und ja, es stimmt: Im Darknet gibt es konzeptbedingt zahlreiche finstere Ecken, doch der eigentliche Sinn des Netzwerks ist ein anderer: Ursprünglich wurde das Tor-Netzwerk (ein Akronym für „The Onion Router“), auf dem das heutige Darknet basiert, nämlich erfunden, um Menschen in totalitären Systemen mit zensurfreudigen Medien den Zugriff auf Informationen zu ermöglichen.

Wie funktioniert das Tor-Netzwerk, auf dem das Darknet basiert? Nun: Ganz einfach: Der User muss zunächst einen Tor-Client auf seinem Rechner installieren. Anschließend verbindet dieser sogenannte Onion-Proxy sich mit dem Tor-Netzwerk. Dieses besteht aus zahlreichen untereinander vernetzten Servern auf der ganzen Welt, zumeist in den USA. Der Onion-Proxy baut eine Kette von zufälligen verschlüsselten Verbindungen über drei Server an verschiedenen Standorten auf. Dadurch hat der Nutzer drei Vorteile: Einerseits kann er das Internet betrachten, als wäre er am Ort des Ausgangspunkts, womit er Zensurmaßnahmen umgeht. Andererseits wird er durch die Datenübermittlung über mehrere Ländergrenzen hinweg für Ermittlungsbehörden nur sehr schwer greifbar. Und drittens wirkt diese übertragungsbedingte Nicht-Verfolgbarkeit im Zusammenspiel mit der Verschlüsselung weitestgehend anonymisierend. Immer vorausgesetzt, dass ein Angreifer nicht Eintritts- und Austrittspunkt überwachen kann. China und andere zensurfreudige Regime unternehmen diesbezüglich große Anstrengungen – allerdings ist selbst der sogenannte „goldene Schild“, eine riesige, landesweite Firewall, nicht in der Lage, Tor-Verbindungen komplett zu unterbinden.

Um das Darknet nutzen zu können, müssen Sie wie gesagt eine Onion-Proxy installieren. Der Browser muss über diesen Proxy umgeleitet werden, was für Laien recht umständlich ist. Deshalb wurde das Tor-Browser-Bundle entwickelt, ein modifizierter Firefox-Browser mit integriertem Onion-Proxy. Der lässt sich kinderleicht installieren und nutzen:

  1. Zunächst müssen Sie das Tor-Browser-Bundle herunterladen. Die Software ist für Windows, macOS und Linux verfügbar, außer für Mac jeweils in 32- und 64-Bit-Versionen.

  2. Die Installation des Tor-Browser-Bundles ist identisch mit der Installation anderer Software, etwa Firefox. Unter Windows gibt es einen Installer, Mac-User öffnen das Disk-Image und kopieren das Tool in den Programme-Ordner. Linux-User können es einfach entpacken, es läuft ohne weitere Installation.

  3. Nach der Installation können Sie das Programm starten. Das Tor-Browser-Bundle verbindet sich automatisch mit dem Onion-Netzwerk und ist anschließend einsatzbereit. Alle Verbindungen innerhalb des Tor-Browsers laufen jetzt über das Darknet – und sind nur noch schwer zu verfolgen.

  4. Vor dem Start sollten Sie allerdings einmal prüfen, ob Tor wirklich läuft. Am einfachsten ist das überprüfbar, indem Sie die Website https://check.torproject.org aufrufen. Meldet diese „Herzlichen Glückwunsch. Dieser Browser verwendet Tor“, ist die Verbindung über das Netzwerk aktiv und anonymisiert.

  5. Sie können jetzt mit dem Tor-Browser-Bundle anonym im Web surfen und gegebenenfalls Websites aufrufen, die unter normalen Umständen gesperrt sind. Dabei dürften Sie feststellen, dass das Internet wesentlich langsamer läuft als sonst, was an der Weiterleitung über mehrere Server liegt.

  6. Das ist jedoch noch nicht das eigentliche Darknet. Um dieses nutzen zu können, muss mindestens eine .onion-Adresse bekannt sein. Gute Startpunkte sind zum Beispiel das Hidden-Wiki (http://jh32yv5zgayyyts3.onion/) oder Tor-Links (http://torlinkbgs6aabns.onion/).

Das Tor-Browser-Bundle gibt es jedoch nur für PCs und Macs, nicht aber für Mobilgeräte. Dabei bietet sich die Technik gerade hier an, schließlich kann das Tor-Netzwerk zum Beispiel auf Geschäftsreisen in sperrfreudige Länder genutzt werden, um zum Beispiel auf deutsche Websites zuzugreifen, die den Zensurbehörden ein Dorn im Auge sind. Für iOS gibt es den Onion-Browser, Android-Nutzer können Orfox verwenden – allerdings benötigt dieser die Installation von Orbot. Die Funktionsweise beider Browser ist weitestgehend mit der des Tor-Browser-Bundles identisch.

Orbot und Orfox erlauben die Darknet-Nutzung auf Android-Plattformen. (Quelle: Guardian Project)

Gerade in Ländern mit relativ zuverlässigen Internetverbindungen, die aber stark mithilfe von DNS-Sperren zensiert werden – darunter Regime wie China, Iran, Russland oder inzwischen auch die Türkei – ist das Darknet ein wichtiges Medium für den Widerstand und Dissidenten, die sich hier Ermittlungsbehörden entziehen können. Der kriminelle Teil des Darknets ist nur eine Folge dieser Möglichkeit. Naturgemäß tummeln sich Kriminelle immer an Orten, auf die die Exekutive nur schwer Zugriff hat, weshalb das Darknet diesbezüglich zu Recht einen ausgesprochen schlechten Ruf hat. Dennoch ist es in Diktaturen eine der wenigen Möglichkeiten, Informationen ungefiltert zu erhalten und zu verbreiten.

Innerhalb des Tor-Rechnerverbundes gibt es zudem ein eigenes Web – das eigentliche Darknet, erkennbar an .onion-URLs. Hier liegen Websites, auf denen von Informationen über Kommunikationsdienste bis zu illegalen Inhalten und Schwarzmärkten alles angeboten wird, was sich staatlicher Kontrolle entziehen soll. Finanztransaktionen werden im Darknet in aller Regel mittels Bitcoin abgewickelt. Medial zum „bösen“ Internet hochgejazzt, ist das Darknet selbst zunächst einmal nicht illegal – in Deutschland darf es ohne Weiteres genutzt werden. Die hier angebotenen Inhalte können allerdings durchaus illegal sein. Wer hier zum Beispiel Drogen kauft, handelt natürlich gegen geltendes Recht und begeht eine Straftat. Wer sich jedoch auf die Beschaffung von Informationen und die Anonymisierung beschränkt, ohne illegale Angebote in Anspruch zu nehmen, muss sich hierzulande jedoch keine Sorgen machen.

Bitcoin ist das Zahlungsmittel im Darknet.

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(anka)